Er fliegt um die Welt, ist rastlos und unkonventionell. Er lässt ein hochmodernes Werk bauen und erschreckt die Angestellten mit Großraumbüros und provokativer Kunst in Fabrik, Kantine und Pausenräumen.
In den späten 70er Jahren bekommt Karl Ludwig Schweisfurths Welt Risse. Noch ist die Marke Herta stark und der Fleischkonsum in Deutschland steigt, aber mit den Supermärkten steigt auch der Preisdruck.
Schweisfurth, dem die handwerkliche Qualität seiner Würste am Herzen liegt, beginnt zu zweifeln. Dass seine Kinder sich vom Familienbetrieb distanzieren und eigene Wege gehen, bringt Schweisfurth endgültig zum Umdenken: Wie werden die Tiere gehalten und geschlachtet, aus denen er seine Produkte herstellt?
1984 verkauft Karl Ludwig Schweisfurth völlig überraschend Herta an den Lebensmittelkonzern Nestlé und gründet kurz darauf die „Herrmannsdorfer Landwerkstätten“, einen ökologisch betriebenen Hof mit handwerklicher Lebensmittelherstellung in Bayern. Zu dieser Zeit eine echte Pionierleistung.
Aber Schweisfurth, selbst gelernter Metzger, hat ein Ziel: besseres Fleisch zu erzeugen – und dafür müssen auch die Tiere gut leben, so seine Überzeugung. Die Erzeugung von Lebensmitteln soll ökologisch, handwerklich und regional sein. Dass der Hof heute wirtschaftlich arbeitet, dafür sorgen seine Söhne. So treten sie schließlich doch noch das Familienerbe an.
Und heute: Karl Ludwig Schweisfurth hat auch mit 84 Jahren noch viel vor. Er entdeckt die „symbiotische Landwirtschaft“ und experimentiert in seinem Herrmannsdorfer Versuchsgarten. Wieder ist er seiner Zeit voraus – ein Pionier eben.
WDR Fernsehen, Freitag, 19. Juni 2015, 20.15 bis 21.00 Uhr